Die ersten beiden Septemberwochen war ich mit meiner Familie verreist, das Ziel, Nordportugal, wurde nicht vom Zufall bestimmt, sondern durch die Tatsache, dass wir dort viele Jahre gelebt hatten und noch Freunde vor Ort haben.
Reisen ist derzeit durch Verbote und Regelungen kompliziert, die Zustände in den Nachbarländern kennen die meisten nur durch die Medien, deshalb habe ich mir gedacht, dass mein Reisebericht für Sie von Interesse sein könnte.

Vom Flughafen Porto erreichen wir per Leihwagen unser erstes Ziel in Apulia, eigentlich ein Fischerdorf, das sich in den letzten Jahren – dank des Jakobswegs – richtig herausgeputzt hat.
Als ich vor mehr als dreißig Jahren hier ankam, waren die Stranddörfer in einem bedauernswerten Zustand, die Bevölkerung war sehr arm, ihre Häuser von der Feuchtigkeit schwarz und verfallen. Der Strand war derart verschmutzt, dass ein Strandspaziergang kein Genuss war.
Für Touristen war dieser Bereich der portugiesischen Küste uninteressant, da der Golfstrom auf dieser Höhe einen Bogen macht und die Wassertemperatur auch im Sommer selten über 18 Grad steigt. Deshalb fuhren die internationalen Touristen seit jeher an die Algarve und die nördliche Küste blieb den Fischern, einheimischen Spaziergängern und den Emigranten. (Portugiesen, die nach der Nelkenrevolution vor allem nach Frankreich ausgewandert waren)

Durch den Beitritt in die EU verbesserte sich die Infrastruktur, die Arbeitsbedingungen und es gab Kleinkredite für die Hausbesitzer. Seit einigen Jahren führt der „Camino portugués“, der portugiesische Jakobsweg von Lissabon über Porto, Tui nach Santiago de Compostella an der Küste entlang. Für die Region eine echte Bereicherung, Gehwege wurden für die Pilger ausgebaut, Holzstege auf Pfählen führen über die Dünen, die Orte und der Strand sind sauber. Auch kleine Dienstleister wie Lokale, Cafes und private Pensionen haben eine neue Verdienstmöglichkeit. Das ist eine Win-Win-Situation für alle.
Es ist eine Freude, diese Entwicklung zu beobachten. Die Menschen im Norden Portugals waren und sind offen, überaus höflich, gastfreundlich und fleißig.
Pünktlichkeit war nie ihre Stärke und das Einhalten von Regeln ebenso wenig, die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung war beinahe ehrenrührig. Umso erstaunter war ich über die strikte Entsprechung der Coronamaßregeln. Abstand, Desinfektion und Maskenpflicht in Geschäften plus ein Ampelsystem in Supermärkten -bei Rot Einlassstopp-. Die Maskenpflicht im Außen fiel erst in der zweiten Septemberwoche.
Mit offenem Mund sah ich Maske tragende Menschen am spärlich frequentierten Strand und der Uferpromenade gehen. Und das mit einer absoluten Selbstverständlichkeit.
Portugal hat eine Impfquote von beinahe 80%. In Gesprächen konnte man hören, dass die Maßnahmen wenig in Frage gestellt werden. Einzelne Graffitis hingegen „vacina engana“, „Impflüge“, lassen doch eine Kritiktendenzen erkennen.

Außer für die Flugreise mussten wir weder in Portugal noch Spanien eine Impfbescheinigung oder PCR Test vorlegen. In keinem Hotel, Cafe oder Restaurant. Auch an der Grenze zwischen den beiden Ländern gab es keine Kontrolle.

In Vigo/Spanien treffen wir die gleichen umgesetzten Maßnahmen an. Abstand, Desinfektion, Maske, Einlassbeschränkungen in den Geschäften. Überall sind deutlich weniger Menschen auf den Straßen unterwegs.
Der Sand am öffentlichen Strand in Vigo wurde täglich gereinigt. Ein Traktor mit Anhänger siebte den Sand durch und hinterließ im weißen Sand schnurgerade Linien.
Feiern mit vielen Personen schien aber erlaubt zu sein. Im Hotel fand eine Hochzeit mit mindestens 100 Gästen statt, die sich teilweise auf der Terrasse und später im großen Saal abspielte. Die ca. 500m entfernte Diskothek dröhnte bis tief in die Nacht.

Pilgern war in diesem Sommer offensichtlich en vogue. Santiago de Compostella war voller Menschen.
Der Platz vor der Kathedrale war dicht gedrängt von ankommenden Pilgern, die sich begrüßten und sich gegenseitig beglückwünschten, von weltlichen und religiösen Touristen. Auf dem Platz und in der Innenstadt, die sich in schmalen Gassen nach oben schlängelt, wurden Masken getragen. Der Einlass in die Kathedrale wurde kontrolliert und es bildete sich eine schier endlose Menschenmenge, die auf Zutritt wartete.
Da mich die Geduld verließ, kann ich leider nicht sagen, ob es im Inneren der Kathedrale möglich war, den schmalen Gang zum Hl. Jakob zu betreten, um dem Heiligen die Hand auf die Schulter zu legen, wie es Tradition ist.
Am nächsten Morgen wurde ich gegen 7 Uhr von lauten Fahrzeuggeräuschen geweckt. Und wiederum fiel ich ins Staunen. Städtischen Wasch-und Kehrfahrzeuge schrubbten das Kopfsteinpflaster auf dem riesigen Platz vor der Kathedrale und sämtlichen Gassen der historischen Innenstadt. Viele der alten Häuser haben Arkaden, in die die Reinigungsfahrzeuge nicht einfahren konnten, die wurden kurzerhand mit dem Hochdruckreiniger gesäubert. Die Prozedur dauerte viele Stunden, der Aufwand an Personal, Gerätschaft und Wasser war enorm.

Wieder zurück in Portugal möchte ich Ihnen noch den Bom Jesus in Braga vorstellen, der zweitwichtigste Wahlfahrtsort des Landes nach Fatima.
Im eigentlichen Sinne bin ich nicht religiös, ich bin spirituell und der Bom Jesus ist ein sehr spezieller Ort. Auch diese Anlage wurde auf eine Erscheinung hin gebaut, die Treppen sind ein überaus gelungenes architektonisches Werk. Für mich ist es ein Kraftort, ein Ort der Ruhe und des Schauens. Von der Kirche aus können Sie über die Stadt Braga und das Hinterland blicken. Inzwischen ist der Bom Jesus zum Unesco Weltkulturerbe ernannt worden und einen Besuch wert.

Die nördliche Küste war immer rau, das Meer wild und tosend, die steife Brise immer präsent. Der Nebel am Morgen und Abend kühlte die Luft ab und löste sich an manchen Tagen gar nicht auf. Die Luftfeuchtigkeit rieselte wie ein Dauerschauer nieder.
So war das immer, aber diesmal nicht. Von 14 Tagen waren 12 Tage windstill, das Meer glatt wie ein Spiegel, die Wassertemperatur höher und den Nebel sahen wir weder morgens noch abends. Nur an zwei Tagen hatten wir leichte Niederschläge. Eine krasse Veränderung.
Eine Veränderung, die ich sehr genossen habe. Früh ging ich von unserem Quartier am Strand entlang nach Apulia, die Fischer brachten den ersten Fang zurück, der sofort in der Markthalle verkauft wurde. Haben Sie so einen frischen Fisch schon mal gegessen?!
Eine Handvoll der Dorfbewohner bleibt solange am Strand stehen, bis der letzte Fischer wieder zurück an Land ist, das war schon immer so. Als würden sie aufpassen, dass ihnen nichts passiert.
Diese Reise, auch unter anderen Bedingungen habe ich eingesogen wie ein trockener Schwamm. An keinem Ort hatte ich unangenehme Gefühle oder fühlte mich gar bedroht. Ein Mensch unter Menschen zu sein, egal in welchem Land, fühlt sich für mich echt und richtig an.

Liebe Bettina,
herzlichen Dank, dass ich mit deinen Fotos und deiner Sichtweise deine Reise auf diese Weise miterleben durfte.
..und überhaupt tausend XDANKE FÜR ALLE DEINE bEITRÄGE
Schön, dass ich Dein Interesse geweckt habe und vielen Dank, dass Du mit mir klopfst! LG Bettina